Das wird ne Fahrt, die ich nie vergessen werde. Am Mittwoch um 9 Uhr morgens habe ich mein Zeug beim Camping Platz in der Nähe von Nizza eingepackt und aufgesattelt. Um 10 Uhr ging es dann weiter. Da ich die Autobahn generell vermeide, um viel Landschaften zu entdecken, habe ich eine Route ausgesucht, die ca. 8h auf 350km dauern sollte.
Die ersten beiden Stunden waren pures Vergnügen. Ein Traum für Motorradfahrer! Auf französischen kurvigen Landstraßen, bei denen nach erst 15-20km ein neues Dorf kommt, mit frischer Prise Wind im Gesicht, lassen sich schnell und angenehm 100km zurücklegen. Immer wieder wurde ich erneut beeindruckt von den schönen Landschaftsbildern, die man so nur aus Büchern kennt. Jetzt verstand ich, dass jeder Künstler sich irgendwo inspirieren lässt, und jede Kreativität einen Ursprung an Inspiration besitzt. Mir wurde in einem netten Gespräch auf dem Campingplatz erzählt, dass van Gogh sehr gerne nach St. Tropez ging, einfach weil dort das Licht so schön war. Dadurch haben die Farbe noch eine tieferen Ausdruck erhalten.
Doch dann kam die unerträgliche Hitze
Schnell hat sich der Wind im Gesicht, wie ein Feuer angefühlt. Ich konnte nicht entscheiden, ob es besser mit Visier oben oder unten ist. Beides war auf Zeit erdrückend. Trotz der Geschwindigkeit von 100km/h begann mein Körper überall zu schwitzen an. Ich musste jede 20 min. Trinkpause machen, um nicht zu verdursten. Dadurch hat sich meine 1,5L Flasche sehr schnell geleert. Als ich mal aufs Handy schaute, sagte es 40 Grad an. Ich konnte es kaum fassen. Zusätzlich hat es sich immer wieder beschwert, dass es ihm zu heiss ist, sodass es sich abgeschaltet hat. Dadurch habe ich mich öfters verfahren, und musste größere Umwege in Kauf nehmen. Mitten im nirgendwo, auf einem kleinen französischen Dorf habe ich bei einem Haus halt gemacht. Ich fühlte mich wie eine Person, die mehrere Stunden in der Sahara mit Durst zu kämpfen hat und sehnte mich verzweifelt nach Wasser. Nachdem ich dort geklingelt habe, hat zunächst eine ältere Frau verwirrt aus dem Fenster geschaut. Anscheinend wird dort nicht sehr oft geklingelt. Aber dann kam ein sympathischer Mann aus der Tür hervor. Ich fragte: „Avez-vous de l‘eau“ was so viel heißt wie „Haben Sie Wasser?“ Ich habe auf meine leere Wasser Flasche gezeigt, sodass er schnell verstand was ich wollte. Er nahm meine Flasche und hat sie mit kaltem Wasser gefüllt.
Ich trank als gebe es kein Morgen. Fast ein Liter habe ich auf Ex getrunken. Um ca. 13 Uhr war es um die 40 Grad. Wer schonmal Motorrad gefahren ist, weiß, dass eine angenehme Temperatur zum Motorrad fahren zwischen 20-25 Grad liegt. Ich habe mich mittlerweile auch mit bis zu 30 Grad angefreundet. Aber 40 Grad waren einfach 10 Grad zu viel. Meine Hände klebten förmlich an den Handschuhen. Mein T-Shirt war klitschnass. Und das schlimmste ist, dass ich zu dem Zeitpunkt noch 250km vor mir hatte und ca. 5 Stunden Fahrtweg. Da ich die Hitze nicht lange ertrug, habe ich eine längere Mittagspause bei Burger King eingelegt. Dort wurde schön gekühlt und ich habe beschlossen meine Fahrtroute zu aktualisieren. Mit Autobahn waren es dann „nur“ noch 3h. Da ich allerdings keine Mautstraßen bezahlen möchte, führt die Autobahn immer wieder über Landstraßen. Es war eine heiße Fahrt, doch dann passierte was, das ich unbedingt vermeiden wollte.
Ich erlebte das Gleichnis der 3 Samariter am eigenen Leib
Wenn die Hitze nicht schon zu viel war, musste es noch besser kommen. Bei einer Trinkpause stellte ich mein Motorrad auf Schotter ab. Ich spürte, dass die Hitze auch an meinen physischen Kräften zerrte. Mir wurde teilweise ganz schwindelig. Nachdem ich kurzweilig meinen Durst stillen konnte, stieg ich wieder auf. Dann passierte das, wovor ich am meisten Angst hatte. Beim Wideraufstieg habe ich die Balance auf dem Motorrad verloren, und das Motorrad kippte nach rechts. Ich habe den Halt verloren, und dann war es zu spät. Aufgrund der schweren Koffer riss es das Motorrad zur Seite. Ich konnte einen heftigen Aufprall verhindern, und legte es auf die Seite. Also lag ich da in einem Graben, auf einer Landstraße irgendwo zwischen Nizza und Montpellier und die Autos fuhren vorbei. Ich hatte mit 3 Fahrern Blickkontakt, sie sahen wie ich dort offensichtlich Hilfe benötigte, aber sie kamen nicht auf die Idee anzuhalten. Egal was ich versuchte, ich konnte das Motorrad nicht alleine wieder aufrichten. Ein Fahrer, der von der Gegenseite kam, hat mein Leiden gesehen. Er fuhr vorbei, aber ich konnte beobachten, dass seine Rückfahrleuchten blinkten. Er setzte zurück und fragte, ob ich Hilfe brauchte. Ich sagte nur: „oui, oui!“ Gemeinsam konnten wir wieder das Motorrad aufrichten. Meine Befürchtung war das irgendwas beim hinlegen kaputt gegangen oder verbogen ist. Nach einem kurzen Check, sah äußerlich alles in Ordnung aus. Allerdings hatte ich Probleme, das Motorrad wieder anzukriegen. Nach 10 Startversuchen mit dem Choke auf 100% habe ich dann das erleichterte Motorgeräusch wahrnehmen können. Die Fahrt ging weiter. Um ca. 20 Uhr habe ich Narbonne und das Ankunftsziel erreicht.
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