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AutorenbildJonas Derksen

Die Bergwanderung die ich nie erleben wollte

Aktualisiert: 7. Okt. 2021

Die erste Woche verlief wie geplant. Ich bin zu Freunden in die Schweiz gefahren, bei der ich für ein paar Tage bleiben konnte. Das Wetter in der Schweiz war nicht sehr sommerlich. Viel Regen und Nebel. Am Dienstag war das Wetter einigermaßen gut, sodass wir mit dem Boot auf dem Bodensee rausgefahren sind und ich nach langer Zeit mal wieder Wakeboarden konnte. Dann bin ich weiter südlich nach Chur gefahren, wo mich ebenfalls Freunde herzlich empfangen habe. Die zwei Tage hat es nur geregnet, sodass ich beschlossen habe, den Regen abzuwarten. Heute war wieder gutes Wetter angesagt, und ich wollte meine erste Nacht im Zelt verbringen. Ziel war es über St. Moritz nach Lugano zu fahren. der Weg bis dahin war mega schön. Einfach ein Traum für Motorrad Liebhaber. Viele Kurven mit atemberaubender Aussicht. Dann kam ich an die Stelle, an der sehr wahrscheinlich mein Grab hätte sein können.

 

Der schöne Wasserfall

Kurz vor St. Moritz kam ich an einen Ort, an der ich einen mega Wasserfall mit epischer Kulisse entdeckt habe und nie wieder vergessen werde.


Ich beschloss rechts ranzufahren und mir eine kleine „Pause“ zu gönnen. Damit meine ich: ganz schnell die Drohne auspacken und startklar machen. Kaum war sie in der Luft, hatte ich so viel Freude an den Aufnahmen. Ich probierte viele verschiedene Techniken aus, die ich bisher gelernt habe, um einzigartiges Videomaterial zu erzeugen. Beim letzten Update der Drohne, kann man neuerdings auch zoomen, sodass ich diese Funktion ausprobieren wollte. Durch das Zoomen habe ich die Drohne aus den Augen verloren, aber es fühlte sich nicht so weit weg an, sodass ich meinen 40 Sekunden Shot abknipsen wollte. Bis auf einmal das Bild auf dem SmartController schwarz wurde: „Rotorschaden“. Die Drohne ist gecrasht. Das letzte Bild was ich noch gesehen habe war ein Seil.


Die Angst Erinnerungen zu verlieren hat mich in Lebensgefahr gebracht

Als ich gemerkt habe, dass ich meine Drohne mitten im Gebirge crashen ließ, habe ich Angst bekommen, dass meine harte Arbeit der ganzen Woche zunichte ist. Die Drohne war mir „egal“, die SD-Karte nicht. Zunächst dachte ich, dass die Drohne in der Nähe vom Wasserfall gecrasht ist. Mit ganz viel Adrenalin und dem Willen die Drohne wiederzufinden habe ich den Berg bestiegen. Ohne Sicherungsgurt, Seil und sonstiges, was ein vernünftiger Bergsteiger mit sich führt. Also bin ich mit dem SmartController in der einen Hand den Berg raufgeklettert. Es war wirklich ein klettern auf allen Vieren, um den steilen Hang nicht abzurutschen. Dabei war mir völlig egal, dass die Wahrscheinlichkeit die Drohne wiederzufinden gegen 0 lief. Mühsam voll geschwitzt bin ich in die Nähe des Wasserfalls gekommen. Aber nichts von einer Drohne zu sehen. Die Drohne hat ein System, dass man sie mit einem GPS Signal orten kann. So habe ich auf den Controller geschaut, und dieser hat den Standpunkt aktualisiert, nämlich auf der anderen Seite des Flusses. Da begann die Angst um mein Leben. Den Berg raufzuklettern mit so viel Adrenalin stellte zunächst kein großes Hindernis da. Als ich bemerkte wie hoch ich in so kurzer Zeit geklettert bin, hatte ich Angst um den Abstieg. Ich könnte ja abrutschen und in die Tiefe stürzen. Normalerweise leide ich nicht unter Höhenangst, aber da überwältigte sie mich. Den Abstieg habe ich dann mit Mühen gemeistert.

Mit der neuen Information, dass die Drohne ein Lebenszeichen gegeben hatte, begann das Wettklettern nach Zeit. Die Drohne hatte nur noch 49% Akku, sodass ich um die 24 min hatte, mit der Funktion „Piepsen und Lichter aktivieren“ den Standort zu finden. Also sprintete ich auf die andere Seite… meine Beine waren schon völlig erschöpft. Aber mich überkam wieder einen Adrenalin Schub, sodass ich den nächsten Berg begann zu erklimmen.

Mir kam das letzte Bild in den Sinn, dass die Drohne an ein Seil festgeblieben ist. Also war meine Orientierung dieser Seilmast. Die Drohne hatte ca. 100 Meter Höhe, sodass ich den höchsten Punkt vermutete. Obwohl meine Beine schon schmerzten, überwindete ich einen Sprung nacheinander. Bis ich an eine Stelle kam, und den Fehler machte nach unten zu schauen. Es ist mittlerweile 1 Stunde vergangen seit dem Absturz der Drohne.

Die Stelle an der ich merkte wofür ich eigentlich grad mein Leben riskiere - eine SD-Karte mit ca. 60 Videos

Ich merkte, was ich gerade aufs Spiel setze. Es fehlen mir die Worte zu beschreiben wie traurig und einsam ich mich dort oben fühlte, und verzweifelt weil ich wie gelähmt war. Konnte nicht höher aber auch runter war keine Option. Ich war so nah dran. Das GPS Signal war fast da wo ich mich befand. Ich konnte sie aber nirgends sehen. Es gab nur noch die Möglichkeit, dass sie ganz oben auf dem Gipfel liegt, aber dafür hatte ich nicht mehr die Kraft.


Ich beschloss aufzugeben, und mich wieder in Sicherheit zu bringen. Der Abstieg war der Horror. Durch den Dauerregen der letzten Wochen, waren alle Baumstämme und Steine glatt wie sonst was. Mehrmals bin ich ausgerutscht und konnte mich nur noch auf meinen Vieren fangen. Ich sah nicht wo ich hintrat, da alles zugewachsen war. Jeder Schritt hätte einer in den Abgrund sein können. Pure Freude war es, als ich die Wiese gesehen habe und ebenen Boden. Ich war in Sicherheit. Alles schmerzte. Sehr oft griff ich in Brennesseln, um einen Absturz zu verhindern. Meine komplette Hose war eingesaugt mit Schlamm.

Ich sehnte mich nach einer Dusche


Die Trauer war in mir groß. Und doch das einzige was mir dann im Kopf war ist, einfach nur zu duschen und den ganzen Schmutz, den ich mit einer Niederlage gleichsetzte abzuwaschen. Es stand dort unmittelbar in der Nähe ein Haus. Ich habe einen Schweizer Mann getroffen, dem ich die Geschichte erzählte. Er diese eher witzig fand, und mich nicht ernst genommen hat. Er war auf dem Sprung, sodass er mich ins nächste Dorf schickte, um dort nach einer Dusche zu fragen. Also machte ich mich auf den Weg. Ich klopfte an dem ersten Haus.


Eine ältere Frau machte mir auf. Ich erzählte, dass ich aus Deutschland käme und auf Durchreise bin, und gerade ein sehr schlechtes Erlebnis hatte. Sie kaufte mir die Geschichte ab, aber war sehr skeptisch, ob sie mir ihre Dusche anbieten kann. Sie bat mich dann doch rein, und machte alles parat für die dankbarste Dusche seit langem. Sie erklärte mir später, dass sie vor ein paar Jahren von Deutschen ausgeraubt wurde. Sie hat um Entschuldigung gebeten. Ich war einfach so dankbar für sie. Sie hat mich dann noch zum Essen eingeladen und wir hatten ein schönes Gespräch.


Kurz konnte ich die Tragödie vergessen. Als ich mich wieder aufmachte, merkte ich, dass mein Plan zunichte war. Nicht nur, dass es schon 16 Uhr war und ich noch nicht mal in St. Moritz war, sondern dass es kein Sinn macht ohne Drohne nach Lugano bzw. ins Tessin zu fahren, weil mir dort vor allem die Landschaften interessierten, die ich mit der Drohne aufnehmen wollte.

Ich beschloss direkt weiter in die nächste Großstadt zu fahren… nach Mailand. Die Reise war vor allem geplant, damit ich an meinem Videoprojekt arbeiten kann. Dafür ist die Drohne ausschlaggebend. Jetzt muss ich schauen wie es weitergeht. Ich habe einen Termin am 22.08. in Málaga, denn da wartet mein Bruder auf mich. Also an eine Rückkehr ist nicht zu denken.


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